Der Einfluss des anglo-irischen Schriftstellers Laurence Sterne (1713–1768) auf spätere Traditionen der deutschen Romantik, Philosophie und Ironie wird durch die Lobeshymnen von Goethe, Schiller, Jean Paul, Kant, Schopenhauer und Nietzsche deutlich. Mahlers Begeisterung für den Humor in Sternes Hauptwerk Tristram Shandy (1759–1767) stellt ihn auch in einen größeren Kontext musikalisch-literarischer Schnittpunkte, der sich von Scarlatti, C. P. E Bach und Haydn bis zu Beethoven, Wagner und Wolf erstreckt. Sternes radikaler komödiantischer Einsatz von narrativen Abschweifungen, Unterbrechungen, Illusionsstörungen und exzentrischer Prosa findet eine besonders starke Resonanz in Mahlers subversivem musikalischen Idiolekt. Beide teilen eine Vorliebe für Selbstreferenzialität, den Einsatz von Konventionen gegen sich selbst und für aufdringliche Gesten, die hermetische Systeme untergraben. Beispiele zeigen Mahlers Manipulation von Material in Sterne-ähnlichen musikalischen Wortspielen, komischen Inkongruenzen und narrativen Spielen.
Jeremy Barham ist emeritierter Professor für Musik an der University of Surrey in Großbritannien, wo er auch Direktor des Institute of Austrian and German Music Research ist. Er ist Herausgeber und Mitautor von Perspectives on Gustav Mahler, The Cambridge Companion to Mahler, Rethinking Mahler und des Hefts "Mahler: Centenary Commentaries on Musical Meaning" in Nineteenth-Century Music Review. Zu seinen jüngsten Veröffentlichungen gehören die von ihm als Gastredakteur herausgegebene Ausgabe von 19th-Century Music mit dem Titel "Mahler, Sex, and Gender" und The Routledge Companion to Global Film Music in the Early Sound Era (beide 2024). Derzeit arbeitet er an einem Band mit übersetzten russischen wissenschaftlichen Beiträgen zu Mahler und an einer Ausgabe der Zeitschrift Music, Sound, and the Moving Image über die Verwendung von Mahlers Musik in Filmen vor Viscontis Tod in Venedig.
